Einzigartige Plakat-Kunst zur NORDSEEWOCHE
Der Stil kommt einem sofort bekannt vor: Und schnell ist man beim Anblick des Plakats zur Internationalen Deutschen Meisterschaft im Seesegeln Offshore (IDM) bei den typischen Gestaltungsmerkmalen von Werbung und Hauspublikationen des international tätigen Yachtversicherungsunternehmen Pantaenius. Kein Wunder: Seit gut sechs Jahren arbeitet der Hamburger Künstler, Illustrator und Kunstdozent Hinnerk Bodendieck für die Familie Baum und ihr Unternehmen. Volker Kölling hat den Künstler in seinem Hamburger Atelier besucht.
Die Crews auf der hohen Kante duellieren sich zwei Rennyachten im spritzenden grünweißen Wasser – im Hintergrund die Lange Anna und der rote Fels von Helgoland. Das Plakat zur IDM – der Internationalen Deutschen Meisterschaft im Seesegeln vom 19. bis 26. Mai ist ein echtes Kunstwerk. Kein Wunder, denn der Illustrator ist Hinnerk Bodendieck, bekannter Hamburger Maler und Illustrator und seit sechs Jahren auch Kreativdirektor bei Pantaenius Yachtversicherungen – einem der Hauptsponsoren der NORDSEEWOCHE.
Der Wuschelkopf mit der schlaksigen Gestalt guckt sein Gegenüber nur ein paarmal scharf an. Auf dem großen Computermonitor entsteht mit blitzartigen Strichen auf dem Touchboard ein lebensechtes Portrait – in einer Minute. Ortstermin im Hamburger Atelier. Hinnerk Bodendieck zögert keine Sekunde bei dem Einwand, dass eine echte Helgoländer Welle doch wohl viel schwieriger zu malen ist als ein Charakterkopf: Wieder huscht der Plastikstift blitzartig hin und her, weiße Gischt, Striche ausgefüllt und schon ist da Helgolands Umriss und eine Brandungswelle auf dem Monitor zu sehen. Für solch ein Bild hätte sich der legendäre Helgoländer Fotograf Franz Schensky in den 20er Jahren noch todesmutig in den Sturm vor seine Insel wagen müssen. Hinnerk Bodendieck schüttelt diese bildgewaltige Kunst praktisch aus dem Handgelenk.
„Manche Dinge brauchen aber auch lange.“ An einem ähnlichem Einladungsplakat wie dem zur IDM für eine andere Pantaenius-Regatta vor der Kanalinsel Guernsey arbeitet Hinnerk Bodendieck in dem Moment schon vier Tage: „Da muss ein klassisches Boot zu sehen sein, die Insel selbst und noch ein paar Elemente mehr. Viele Faktoren. Da muss ich dann manchmal eine Nacht drüber schlafen, bevor ich den richtigen Einfall habe.“ Im Fall der Internationalen Deutschen Meisterschaft zur NORDSEEWOCHE 2024 hat sich der Hamburger ein bisschen was bei sich selbst abgeguckt: Für das Plakat zur Pantaenius Rund Skagen Regatta zur 100-Jahr-Feier der NORDSEEWOCHE vor zwei Jahren hatte der ehemalige Kunstdozent schon einmal seinen Zauberstift angesetzt: „Da adaptiere ich dann etwas.“ Tatsächlich ist Deutschlands längste Hochseeregatta Pantaenius Rund Skagen – so wie das Ur-Kunstwerk der Weitwinkel auf das heutige Motiv – auch Teil der Internationale Deutschen Meisterschaft im Seesegeln in diesem Jahr. Über 100 Boote wird das voraussichtlich nach Helgoland locken.
Auch der Illustrator mit dem Segelvirus will hin. Dabei: Bodendiecks erste Erinnerungen an die NORDSEEWOCHE zeigen ihn noch in der Rolle des begeisterten Zuschauers. Alle Großeltern stammen aus Cuxhaven. Der eine Großvater ist nach seiner Zeit in der Hochseefischerei Zollbeamter zur See, der andere Chef der Mützelfeldtwerft, vor der die Regattayachten in den 70er Jahren liegen. Hinnerk Bodendieck: „Wir sind immer zum Regattastart mit der Familie oben auf der Alten Liebe gewesen und haben den Mannschaften beim Start zugejubelt. Und das war ja manchmal sehr früh.“ Aber dafür habe er dann die schönsten deutschen Yachten ihrer Zeit gesehen.
Diesen Sog, selbst auf das Wasser zu kommen, erfasst den Hamburger Jung ganz früh. Vor der Kugelbake schwimmen seine Minibötchen im Bassin. Sein erstes Kommando bekommt er mit zwölf auf einem Jugendwanderkutter vom Segel-Verein Altona-Oevelgönne e.V. Da hatte er sich die Grundlagen des Segelns schon zusammen mit seiner Schwester auf einem kleinen Yacht-Dingi erarbeitet, für das sein Vater Optirigg und Schwert besorgt hatte. Hinnerk Bodendieck: „Das Bötchen war ist oben auf dem Käfer sogar mit der ganzen Familie nach Südfrankreich in die Ferien gefahren. Aber das mit den Wanderkuttern war dann eine komplett andere Nummer.“
Als es das Wetter zulässt, segelt Hinnerk mit seinem Haufen mal eben bis zum Großen Vogelsand. Nur um nach den Resten der Frachter „Fides“ und „Ondo“ zu sehen, versteht sich. „Einer in der Mannschaft hatte einen Elblotsen zum Stiefvater und der hat uns da draußen gesehen. Wir durften nur bis zur Kugelbake. Das gab natürlich einen ganz schönen Einlauf.“ Neuwerk und Büsum stehen trotzdem später auf dem Törnplan. Mit einer ganzen Flotte von Jugendsegelkuttern sind die Häfen Rund Seeland Invasionen teutonischer Jungsegler ausgesetzt. Der segelnde Künstler erinnert sich daran mit einem spitzbübischen Grinsen, dass ihn schlagartig um Jahrzehnte jünger macht – aber was sind auch schon fast 60 Lebensjahre, wenn sich ein Mensch die innere Freiheit, Träume und Kreativität bewahrt hat. Seine drei besten Freunde hat er damals kennengelernt, wo die gesamte Crew abgeblieben ist, kann er immer noch aufzählen – Jahrzehnte später.
Der Mann hat ein Medizinstudium zum Leidwesen seiner Eltern geschmissen, um sich um seine Malerei und den wichtigeren Bootsbau zu kümmern. Statt in einer Klinik arbeitet Bodendieck in einer kleinen Hamburger Agentur des Fotografen Peter Neumann. Hier lernt er auch Harald Baum kennen, der anfängt, seine Bilder zu sammeln. Sein altes Atelier ist immer noch komplett vollgestellt mit Bildern in allen Formaten, obwohl er immer gut verkauft hat. Hinnerk Bodendieck kann mehr als Seestücke, aber die bilden eben oft lebenswichtige Reisen ab: Er malt mit einem unglaublichen Output auf dem Lastensegler „Undine“, stellt die Bilder aus. Er liefert die Illustrationen für den Kampf um den Erhalt des Altonaer Museums und wird stadtweit bekannt. Seine unglaubliche Geschwindigkeit beim Malen eignet er sich an, weil er für die FAZ in Gerichtsprozessen mit seinem Malkasten die Situation festhalten muss – und nur Minuten hat. Kameras sind da in Gerichtssälen noch verboten. Als FAZ-Illustrator erregt er mit Silvester-Titelseiten bundesweit Aufsehen.
Aber besonders die Bootsgeschichten sprudeln nur so aus Hinnerk Bodendieck heraus: Die von der acht Meter langen Butt-Jolle von Opa und dem Mastverlust mit der Familie vor Schleimünde. Die vom Bau seiner „Hochseejolle“ aus Epoxy, Mahagoni und Teak und den irren Törns im Trapez bis Norwegen und ins schwedische Stockholm. Dem Bau der Kommandanten-Gig „Kronprinzessin Ute“ im Dach-Wohnzimmer des elterlichen Hauses. Seinen Piraten-Überfällen mit diesem Kleinsegler auf die angebundene Traditionssegler-Flotte nachts im Hafen von Saint Tropez. Und den ersten Einladungen von Pantaenius-Grandseigneur Harald Baum, doch auf der „Elan“ mit auf der NORDSEEWOCHE zu segeln.
Heute ist Hinnerk Bodendieck privat auf einer Impala 28, Baujahr 1974 eher schön und ruhig unterwegs – nichts für die Regattabahn mit den fünf Knoten Spitze. Aber eine Einladung für die Zubringerregatta zum Roten Felsen auf dem neuen Baum-Racer “Elida“ hat er schon. Nach dem Racen lässt sich dann im Cockpit sicher noch die ein oder andere Story aus Hinnerk Bodendieck Segelvita in Ruhe vertiefen. Der Hamburger Jung ist im Hafen ganz einfach zu erkennen: An der blondgrauen Löwen-Wuschelmähne, bei der er meist gar nicht mehr versucht, sie im Zaum zu halten.